Wo soll die "digitale Reise" eigentlich hingehen?

Eine wichtige Aufgabe der Leitungsebene von Organisationen ist es, strategische Entscheidungen zur Weiterentwicklung der Organisation zu fällen, deren Notwendigkeit, Relevanz oder Begründung durch Organisationsmitglieder jedoch nicht immer nachvollziehbar sind. Solche Entscheidungen nachvollziehbar zu kommunizieren, ist hinsichtlich verschiedener Zielgruppen im Unternehmen oft schwierig.

Diese Lücke versuchen Zielbilder zu schließen, die gemeinsam mit allen Betroffenen entwickelt und ausgestaltet werden. Ein Zielbild ist eine möglichst konkrete Vorstellung der Zukunft, in dem die Anforderungen aller Betroffenen weitgehend Berücksichtigung finden und attraktiv für eine Mitwirkung aller sind.

Dazu müssen mit Hilfe geeigneter Erhebungsinstrumente die Anforderungen der jeweiligen Gruppen, einschließlich ihrer Vorbehalte und Ängste, identifiziert werden (Anforderungserhebung). Typischerweise werden bei der Anforderungserhebung anonyme Befragungen, moderierte Fokusgruppen oder auch Einzelinterviews eingesetzt.

Aus allen Ergebnissen wird geprüft, wo es Schnittmengen bzw. Gemeinsamkeiten bei den Anforderungen gibt. Diese Bereiche werden ausformuliert und bilden den Kern des Zielbildes.

Im Projekt in.arbeit-digital wurden so aus dem strategischen Ziel, „mittelfristig 15% der Beschäftigten (87 Beschäftigte) auf gemeindenahen betriebsintegrierten Arbeitsplätzen zu platzieren“, detaillierte Beschreibungen des angestrebten Zielzustandes aus Sicht verschiedenster Gruppen: Beschäftigte, Gruppenleitungen, Fachdienste, Fachbereich in.arbeit und BBB, Werkstattleitung und Arbeitgebende.

 

Alle Informationen finden Sie hier:

Das Zielbild kann verschiedene Funktionen ausüben:

• Ein klar formuliertes oder verständlich visualisiertes Zielbild hilft allen Organisationsmitgliedern dabei, ein gemeinsames Bild davon zu verinnerlichen, was man erreichen will
• Durch das Zielbild wird die Schnittmenge der Anforderungen verschiedenster Stakeholder repräsentiert und ist dadurch konsensfähig
• Es dient der Kommunikation nach innen und nach außen über die Ziele und deren erreichte Zwischenerfolge
• Für alle Teilschritte und Maßnahmen im Organisationsentwicklungsprozess dient es als Maßstab, ob und inwieweit diese zu dessen Erreichung beitragen

Das Ziel des Projekts in.arbeit.digital war es, mehr berufliche Teilhabe für Beschäftigte in WfbM zu ermöglichen, indem mehr digital unterstützte ausgelagerte Arbeitsplätze in Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes geschaffen werden. Es richtet sich vor allem an Beschäftigte, die auf solchen Arbeitsplätzen tätig sein wollen. Dabei wird untersucht, welche Erwartungen, Wünsche, Hoffnungen sowie Ängste oder Befürchtungen diese Beschäftigten mit solchen Arbeitsplätzen verbinden. Die Erkenntnisse helfen, die Gestaltung und Besetzung der Arbeitsplätze optimal zu planen. Den Prozess der Sammlung dieser Antworten nennt man Anforderungserhebung.

Neben den Beschäftigten ist es wichtig, die Anforderungen der jeweils anderen Gruppen (Stakeholder) einzubeziehen, um zu guten Lösungen zu kommen:

Arbeitgebende, also Entscheider*innen in den Betrieben, in denen die ausgelagerten Arbeitsplätze eingerichtet werden sollen. Typische Anforderungen betreffen bspw. die Kommunikation mit der Werkstatt oder deren Mindestanforderungen an die Vorbereitung und Qualifikation von Beschäftigten.
Mitarbeitende des Fachbereichs in.arbeit / Inklusionsbegleiter*innen: Sie übernehmen bspw. die Suche nach Arbeitgebenden und nach Beschäftigten innerhalb der Werkstatt, bereiten diese auf betriebsintegrierte Arbeitsplätze vor und begleiten sie dort. Wenn die Werkstatt verstärkt ausgelagerte Arbeitsplätze einrichten möchte, hat dies unmittelbar Auswirkungen auf Arbeitsprozesse und -strukturen in diesem Bereich, was im Organisationentwicklungsprozess entsprechend berücksichtigt und angepasst werden muss.
Beschäftigte, die nicht auf ausgelagerten Arbeitsplätzen tätig sein wollen: Indem diese Gruppe einbezogen wird, kann besser verstanden werden, warum ausgelagerte Arbeitsplätze möglicherweise nicht attraktiv genug sind. Außerdem lassen sich Ängste oder Bedenken erkennen, die entstehen, wenn langjährige Kolleg*innen oder Freund*innen auf solche Arbeitsplätze wechseln und dadurch soziale und organisatorische Veränderungen in der Gruppe stattfinden.
Gruppenleitungen: Diese sollen interessierte Beschäftigte dabei unterstützen, sich auf einen ausgelagerten Arbeitsplatz vorzubereiten. Gleichzeitig sind sie dafür verantwortlich, dass weiterhin die Aufträge der Gruppe ordnungsgemäß abgearbeitet werden; der Weggang von Beschäftigten aus der Gruppe muss vor allem durch die Gruppenleitungen kompensiert werden. Die Antwort darauf, welche Unterstützung die Gruppenleitung in den Vorbereitungs- und Übergangsprozessen brauchen, konkretisiert das Zielbild.
• Auch die Anforderungen der Fachdienste sind wichtig, da Übergänge durch passende Qualifizierungsmaßnahmen vorbereitet werden und neue Trainings und Schulungen für den Umgang mit digitalen Technologien entwickelt werden müssen. Die Werkstattleitung ist ebenfalls relevant, da sie die Gesamtorganisation strategisch im Blick hat. Ihre Anforderungen sollten daher ebenfalls berücksichtigt werden.

Unter Anforderungen verstehen wir konkrete Erwartungen an die Qualität des Veränderungsprozesses oder des Ziels, aber auch emotionale Aspekte, Vorbehalte oder Hoffnungen in Verbindung mit der Veränderung. Diese Anforderungen sind primär individueller Natur. Deshalb werden ausreichend viele Vertreter*innen der jeweiligen Gruppen befragt, um häufiger benannte Anforderungen identifizieren zu können. Im Projekt wurden die folgenden Anforderungen abgefragt:

• Welche Qualität (bspw. Teilhabequalität auf ausgelagerten Arbeitsplätzen) muss das Ziel aufweisen?
• Welche Wünsche und Hoffnungen verknüpfen die einzelnen Gruppen mit dem strategischen Ziel?
• Welche Aspekte erscheinen förderlich dabei zu sein, die Entwicklung in Richtung ausgelagerter Arbeitsplätze voranzutreiben?
• Welche konkreten Anforderungen werden an ausgelagerte Arbeitsplätze gestellt?
• Welche Unklarheiten und offenen Fragen ergeben sich bei dem Prozess der Entwicklung in Richtung eines höheren Anteils an ausgelagerten Arbeitsplätzen?
• Welche Aspekte erscheinen hemmende bei der Entwicklung in Richtung ausgelagerter Arbeitsplätze zu sein?
• Welche Ängste und Befürchtungen gibt es bei den verschiedenen Gruppen?
• Welche Widersprüchlichkeiten zeigen sich oder sind absehbar?

Ein positiver Nebeneffekt war hier die Sammlung guter Ideen zu digitalen und nicht-digitalen Lösungen auf ausgelagerten Arbeitsplätzen und das finden kompetenter Mitstreiter*innen in diesem Veränderungsprozess.


Das Projekt hatte zunächst das Ziel, für jede Zielgruppe einzelne Zielbilder zu erstellen und deren Gemeinsamkeiten zu analysieren. Die Erkenntnisse aus der Anforderungserhebung wurden in einem iterativen und kreativen Prozess genutzt, um Gestaltungsmöglichkeiten, widersprüchliche Anforderungen und Anreize für verschiedene Stakeholder zu prüfen und zu bündeln. Am Ende kristallisierte sich jedoch ein gemeinsames Zielbild heraus, das die Bedürfnisse und Anforderungen aller Stakeholder-Gruppen vereinte. Mit diesem nun zentralen Zielbild wurde dann weitergearbeitet.

Um die für jede Stakeholder-Gruppe relevanten Teile des Zielbildes zu fokussieren, wurde eine für sie eigene Version dieses Zielbildes formuliert und zur Konsolidierung genutzt. Für die Zielgruppe der Beschäftigten mit Behinderungen wurde extra eine alternative Darstellung anhand von vier Videos entwickelt, in denen das Zielbild der wünschenswerten Zukunft leicht verständlich visualisiert wurde.

Zum Schluss liegt ein Zielbild aus verschieden Perspektiven beschrieben vor. Dadurch entstehen immer detailliertere Beschreibungen des Zielbildes und erlauben damit eine zielgerichtete Steuerung des Organisationsentwicklungsprozesses.